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    27.02.2023

    New Work im Werkzeug-, Formen- und Modellbau

    Bild von tonodiaz auf Freepik

    Welche Möglichkeiten haben Unternehmen der Werkzeug-, Modell- und Formenbaubranche, um sich trotz des Fachkräftemangels weiterhin attraktiv als Arbeitgeber zu positionieren? Im folgenden Fachbeitrag geht es um diese Frage sowie auch um konkrete Strategien, wie Arbeitgeber ihr bestehendes Team motivieren und an sich binden sowie neue Mitarbeiter:innen von sich überzeugen können. 

    Keine Frage, das Thema „Fachkräftemangel“ ist mittlerweile omnipräsent: Mehr als eine Million Stellen sind branchenübergreifend unbesetzt. Fast alle regionalen IHKs berichten von einer katastrophal niedrigen Nachfrage nach Ausbildungsplätzen. Dabei trifft den Werkzeug-, Modell- und Formenbau dieser Mangel besonders hart. Anders formuliert: es gibt kaum noch junge Menschen, die sich für eine Ausbildung zum Werkzeugmacher interessieren.

    Work-Life-Balance ist längst “Pflicht“…
    Passend ausgebildete Mitarbeiter:innen im Unternehmen zu halten und zu fördern ist mithin eine der großen Aufgaben der Branche. In diesem Zusammenhang haben die sogenannten „weichen“ Faktoren, deutlich an Bedeutung gewonnen. Zählten früher eher die harten Fakten – Gehalt, Titel, Urlaubstage – so legen die Arbeitnehmer zunehmend Wert auf gute und vor allem individuell passende Rahmenbedingungen. Hinter dem gängigen Begriff „Work-Life-Balance“ stehen z.B. der Wunsch, im Home office arbeiten zu können oder auch die Nachfrage der Arbeitnehmer in Bezug auf Arbeitgeberangebote rund um Fitness, Sport, Gesundheit…. Ganz oben auf der Agenda findet sich längst auch die Forderung nach gelebten flachen Hierarchien, ein Mehr an persönlichem Entscheidungsspielraum für den Einzelnen, etc. Derartige Bestrebungen, die dem Mitarbeiter mehr Freiheit und Flexibilität in der Ausgestaltung seiner Tätigkeiten zugestehen, lassen sich wiederum unter „New Work“ zusammenfassen. 

    Auf den ersten Blick eine lange und scheinbar für den Mittelstand unerfüllbare Anforderungsliste. Auf den zweiten Blick wird sichtbar, dass sich hier gerade für die kleineren und mittelständischen Werkzeug- und Formenbau-Unternehmen eine große Chance auftut. Denn letztlich wünschen sich die Arbeitnehmer, dass sich die Arbeitgeber mit Ihnen auf Augenhöhe austauschen. Ein menschliches, wertschätzendes Miteinander ist auch in kleinen Betrieben möglich, hier gibt es zudem meist kurze Entscheidungswege, kleine Teams, wenig Hierarchie-Gefälle. Beispiele für zeitgemäße Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung sind etwa die Einführung der Vier-Tage-Woche oder Gleitzeit, die sich an den Auslastungszeiten des Betriebs ausrichtet. Dem Arbeitgeber verlangen derartige Maßnahmen letztlich oft nur flexibles Denken sowie ein Mehr an logistischem Aufwand ab. Tugenden also, die in unserer Kunden-orientierten Branche seit jeher stark ausgeprägt sind. 

    Nicht zu vergessen: Von Mitarbeitern, die z.B. zeitlichen Spielraum für Weiterbildungen erhalten oder die ermuntert werden, sich mit eigenen Ideen in die betrieblichen Abläufe einzubringen, profitiert letzten Endes auch der Arbeitgeber. 

    Life-Work-Balance ist die “Kür”….
    Etwas anders gelagert scheint die Situation am Bewerbermarkt zu sein: Hier ziehen die großen Marktanbieter seit jeher mehr und „bessere“ Bewerbungen an, als die kleinen Unternehmen. Dennoch ist die Lage nicht aussichtlos. Zum Einen kann der oben beschriebene Mittelständler z.B. auf Basis seiner Flexibilität genauso gut wie ein großer Anbieter Teilzeitplätze anbieten. Zum Anderen kann er für die viel beschworene „Generation Z“ durchaus attraktiv sein. Die seit ca. 1995 geborenen Jahrgänge, die mit „Generation Z“ gemeint sind, legen an das Berufsleben nochmals ganz andere Maßstäbe an, sie sehen es nur als eines von vielen Puzzle-Teilen in ihrem persönlichen Lebensentwurf. Man fordert nicht mehr nur Work-Life-Balance, sondern Life-Work-Balance, stellt das persönliche Wohlbefinden also in den Mittelpunkt. Da arbeiten, wo man sich wohl fühlt, ernst genommen wird, seine Talente einbringen kann – all diese Wünsche sind für diese Generation nicht nur wichtig, sie sind von zentraler Bedeutung. Arbeitgeber, die diesen fundamentalen Wandel mittragen und verstehen, dass längst sie sich mit ihrem Unternehmen bei den Nachwuchs-Kräften bewerben müssen und nicht umgekehrt, sind von Vorteil. Unternehmen, die sich gewissenhaft mit der Frage auseinandersetzen, was sie einem potenziellen Bewerber in Bezug auf derartige neue Anforderungen zu bieten haben, können erfahrungsgemäß meist eine recht lange Liste präsentieren. 
    Eine selbstkritische Bestandsaufnahme, offene Gespräche mit den Angestellten in Bezug auf ihre Wünsche und das „Augen-offen-Halten“ in Bezug auf gelungene New-Work-Beispiele sind die ersten wichtigen Bauteile bei dem Vorhaben, sich als interessanter Arbeitgeber zur positionieren. 
    Bild von senivpetro auf Freepik
    Der Mehrwert unserer Branche
    Strategisch klug ist zudem, sich mit zwei weiteren Phänomenen in Bezug auf den aktuellen Arbeitsmarkt auseinanderzusetzen: 
    Zum Einen hat die jahrzehntelange Aufwertung von Abitur und Studium in der öffentlichen Debatte dazu geführt, dass das Thema Ausbildung bei der Berufsplanung oft einfach nicht mehr mitgedacht wird. Fakt ist jedoch, dass nach wie vor nicht alle Schüler:innen ihre Schulzeit mit dem Abitur abschließen, nicht alle wollen oder können studieren. Oft fehlt es ihnen zudem einfach nur an einem transparenten Überblick in Bezug auf die Angebote, die ihren jeweiligen Fähigkeiten und Wünschen entsprechen.
    Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich für Arbeitnehmer, den Kontakt so früh wie möglich zu suchen. Regionale Ausbildungsmessen und Veranstaltungen sind eine gute Möglichkeit, das eigene Unternehmen bekannt zu machen, durch Praktika können angehende Azubis das Arbeitsklima kennenlernen. Dazu kommen kreative Ansätze, die auch mit einem überschaubaren Marketing-Budget umsetzbar sind: Wettbewerbe, Ideen-Projekte, lebendige und witzige Social-Media Auftritte u.v.m. Nicht zu vergessen gibt es mittlerweile auch eine Vielzahl an dualen Ausbildungsmöglichkeiten. 

    Letztlich gilt es auch, nicht nur als einzelner Anbieter auf den Plan zu treten, sondern – z.B. auch gemeinsam mit den IHKs und den Verbänden – den Branchenauftritt zu stärken.

    Zum Zweiten suchen die jungen Arbeitnehmer nach Inspiration, nach Sinnsuche, nach einer Arbeit, die nicht nur weitest gehend flexibel ist, sondern die auch 100% zu ihren Vorstellungen passt. 
    An dieser Stelle kann das Handwerk mit einem unschlagbaren Mehrwert punkten: es steht für konkrete Leistungen, man schafft etwas mit den eigenen Händen und kann mit Recht stolz darauf sein. Auch wenn oder gerade weil mittlerweile die Digitalisierung natürlich auch in unserer Branche Einzug gehalten hat.

    Frisch gedacht hält unsere Branche vieles von dem, was sich die Arbeitnehmer wünschen, also längst bereit. Und letztlich können sowohl die Mitarbeiter als auch die Firmen selbst von einer offenen, flexiblen und positiven Arbeitskultur nur profitieren. 

    Jens Lüdtke, Leiter Tebis Consulting
    Handlungsempfehlungen rund um das Thema New Work – unsere Checkliste: 

    Selbstkritische Bestandsaufnahme/ evtl interne Befragung: 
    • Fühlen sich die Mitarbeiter in unserer Unternehmenskultur rundum wohl, was können wir verbessern?
    • Geben wir den Mitarbeitern Mitspracherecht und Freiraum im Rahmen ihres Tätigkeitsbereichs?
    • Fördern wir neue Ideen und Engagement?

    Perspektivwechsel: 
    • Wie wirken wir als Arbeitgeber nach außen, sind unsere Rahmenbedingungen konkurrenzfähig?

    Stichwort Lebenslang lernen: 
    • Inwieweit unterstützen wir unsere Mitarbeiter in Bezug auf Ihre Karriere? (Interne Weiterbildungsangebote, berufsbegleitende Fortbildungen)

    Work-Life-Balance / Life-Work-Balance: 
    • Welche Corporate Benefits bietet unser Unternehmen an und werden diese genutzt, welche weiteren zeigemäßen Angebote könnten wir noch einführen? (Zum Beispiel: Flexible Arbeitszeiten, Gesundheitsangebot, betriebliche Altersvorsorge, Essenszuschüsse…)
    • Wieviel Freiraum geben wir den privaten Themen und Wünschen der Belegschaft, gibt es z.B. Arbeitszeitkonten für Sabbaticals, Familienzeit, Pflegezeit….?

    Netzwerk und Sichtbarkeit:
    • Welche Schnittflächen zu den Branchenverbänden nutzen wir?
    • Wo und wie kann man uns als Arbeitgeber kennen lernen (Ausbildungsmessen z.B.)
    • Inwieweit engagieren wir uns im Hinblick auf die Generation Z (Schülerpraktika, Girl´s / Boy´s Day, Wettbewerbe, eigener Social-Media-Auftritt etc.).
    • Was könnten wir zusätzlich tun?


     

    Wir bei Tebis Consulting unterstützen Unternehmen beim Aufbau von Organisationsstrukturen, bei der Mitarbeitermotivierung und bei nachhaltigen Veränderungen der Arbeitskultur. Neben Umsetzungsprojekten in den Firmen bieten wir daher auch Seminare zu diesen Themen an. Wir sind Spezialisten mit Branchenfokussierung und bieten alle unsere Angebote auch firmenspezifisch an. In unserer Arbeit sehen wir uns als Sparringspartner auf Augenhöhe. Fordern Sie uns und kontaktieren Sie mich jederzeit mit Ihren Fragen, gern persönlich unter +49 173 3694599 oder per E-Mail (jens.luedtke@tebis.com).